Willkommen bei Gemište Gefühle. Dieser Newsletter heißt so, weil ein inneres Hin und Her meine Art ist, auf die Welt und die Themen zu blicken, die mich umgeben – und weil gemišt das kroatische Wort für Weinschorle ist, die ich niemals freiwillig trinken würde und in der mich als kroatisch-deutsches Mischmasch mit allem, was daran hängt, trotzdem oder gerade deshalb wiedererkenne.
Diese erste Ausgabe von Gemište Gefühle ist auch gleich eine Sonderausgabe und als solche sehr lang. Das wird nicht immer der Fall sein. Diesmal ist es nötig, weil es um Klassismus geht, um Sexismus und Rassismus, was ich nicht einfach nur behaupten sondern belegen will. Beim nächsten Mal dann also kürzer und zu einem hoffentlich leichteren Thema. Aber jetzt:
Über Geburten und das Erzählen Schwarzer Frauenkörper
Die Geburt meines ersten Kindes erlebte ich unter der nachlassenden Wirkung eines sanften Opiats, das ich Stunden zuvor gegen heftigste Wehen bekommen hatte. Bei der Geburt meines zweiten Kindes reichte es nicht mal mehr dafür. Alles, was ich bekam, waren zwei Paracetamol. Rückblickend war es okay, so zu gebären, auch wenn ich es mir anders gewünscht und geplant hatte. Beide Male hatte ich Wochen vor der Geburt beim Aufklärungstermin im Krankenhaus in eine Periduralanästhesie eingewilligt: Die Betäubung – besser bekannt als PDA – bekommt man gelegt, um Wehen unter der Geburt zu lindern. Als chronische Schmerzpatientin sah ich keinen Sinn darin, noch mehr körperliches Leid auszuhalten als sowieso schon, nur um das zu erleben, was man „eine möglichst natürliche Geburt“ nennt. Das lag auch daran, dass ich die Idee der natürlichen Geburt in Teilen für Projektionskitsch hielt und halte, der viel mit unserem digitalisierten Leben zu tun hat.
Je stärker Technologien unser Leben durchdringen, desto größer wird die Sehnsucht nach dem sogenannten ”echten Leben“. Wissenschaftler*innen beobachten das seit vielen Jahren. Manche Menschen reagieren auf diese Sehnsucht mit Brotbacken, andere buddeln sich am Wochenende durch den Schrebergarten oder erklimmen fast schon manisch Berge. Und wieder andere entwickeln eine Skepsis gegenüber medizinischen Interventionen, was nichts Schlechtes ist, im Gegenteil. Das Recht zu entscheiden, was mit dem eigenen Körper geschihet, steht jeder und jedem zu. Aber nicht alle Menschen können es gleichermaßen wahrnehmen. Denn körperliche Selbstbestimmung setzt das Vorhandensein bestimmter Ressourcen voraus.
Was will ich für meinen Körper? Muss ich akzeptieren, was in medizinischen Kontexten mit diesem Körper geschieht? Habe ich die Möglichkeit, mich dagegen zu wehren? Welche Alternativen gibt es? Kann ich ausdrücken, was mich stört? Werden meine Einwände ernstgenommen? Um solche Entscheidungen auch nur annähernd selbstbestimmt zu fällen, braucht es neben kognitiven auch sprachliche Fähigkeiten und Zugang zu verschiedenen Informationsquellen. Bringt man dann noch genug Mut auf, den eigenen Willen auszudrücken, sprechen Expert*innen von Gesundheitskompetenz. Studien zeigen, dass Gesundheitskompetenz in Deutschland vor allem bei gut ausgebildeten Menschen aus der Mittel- und Oberschicht anzutreffen ist und hier ganz besonders bei Frauen. Sie informieren sich umfassender, sind kritisch, auch und gerade bei Geburten. Die seit Jahren lauter werdende Kritik an Gewalt in der Geburtshilfe (vgl. u.a. hier, hier und hier) sind genauso Ausdruck davon wie der Roses Revolution Day.
Wie Gesundheitskompetenz die Wahrnehmung von Menschen prägen kann, zeigte sich vor einigen Tagen auch bei den Reaktionen auf das aktuelle Cover des Süddeutsche Zeitung Magazins. Darauf abgebildet ist ein kurzer Ausschnitt aus einer Geburt. Der Kopf eines Kindes, der gerade aus dem Unterleib der Mutter gepresst wurde – das Kind mit dem Gesicht, die auf dem Boden kniende Mutter frontal mit dem Po zur Kamera. Dazu die Zeile „Ins Leben. Die Geburt ist ganz alltäglich und doch ein Wunder – nicht nur an Weihnachten. Was geschieht genau, wenn ein Mensch auf die Welt kommt?“
Man kann sich der Faszination dieses Fotos schwer entziehen, auch weil es wie eine Anerkennung dessen wirkt, was es bedeutet, ein Kind zu gebären: Nackte Haut, Schweiß, Blut und Fruchtwasser lassen die Kraft und die Schmerzen erahnen, ohne die es bei vaginalen Entbindungen nicht geht. Das Foto zeigt Spontaneität statt eines klinisch sterilen Kreißsaals, fast schon rohe Natur statt eines schummrig weichgezeichneten Geburtszimmers. All diese Eigenschaften machen dieses Motiv zu einem besonderen und erklären die vielen Reaktionen darauf. Bis heute wurde das Cover allein auf Instagram mehr als 1.000 Mal kommentiert und wahrscheinlich mindestens genauso oft geteilt. Mütter und Hebammen scheint es besonders anzusprechen. Die einen schwärmen von Stärke und Freiheit, die anderen von der natürlichen Geburtsposition, die die Frau auf dem Foto eingenommen hat.
Aus vielen der Reaktionen spricht hohe Gesundheitskompetenz. Das brachte mich beim Lesen der Kommentare auf den Gedanken, was sich wohl Frauen beim Anblick dieses Fotos denken würden, die ein Ausbleiben medizinischer Interventionen in ihrem Alltag nicht als bestärkend und befreiend erleben sondern eher als unterlassene Hilfeleistung – migrantische und BIPoC-Frauen zum Beispiel. Ihre Schmerzen werden von Ärzt*innen oft nicht ernstgenommen, deshalb bekommen sie in der Regel eher zu wenig medizinische Hilfe. Die US-amerikanische Anthropologin Coral A. Walker hat in ihrer Doktorarbeit herausgearbeitet, dass diese Frauen sich in den USA selten eine hebammengeleitete Geburt wünschen und lieber in eine Klinik als in ein Geburtshaus gehen. Die meisten wollen einen voll ausgestatteten Kreißsaal mit Ärzt*innen und einer Neugeborenen-Intensivstation in der Nähe, also einmal das volle Programm.
Hoffnungen kreisen oft um das, was man im Alltag schmerzlich vermisst. Vielleicht fand ich selbst eine Krankenhaus-Geburt inklusive PDA also auch deshalb erstrebenswert, weil ich als Frau mit Migrationsgeschichte in meinem Leben von Ärzt*innen öfter mit der Diagnose „morbus mediterraneus“ abgewiesen wurde (und manchmal immer noch werde). Das erklärt wahrscheinlich auch denen einen Teil des Unbehagens, das ich beim Anblick des SZ-Magazin-Covermotivs empfand. Der andere Teil dieses Unbehagens rührte daher, dass auf dem Cover der Po einer Schwarzen Frau übergroß zu sehen ist, denn dieses Motiv besitzt eine lange sexistische und rassistische Tradition. Man kann dieses Unbehagen und die Bedenken, die sich daraus ergeben, relativ schnell mit dem Argument beiseiteschieben „Ich sehe da keine Schwarze Frau, ich sehe einfach nur eine Gebärende.“ Es entspricht der Logik, zu der auch sonst gerne gegriffen wird, sobald Rassismus kritisiert wird „Ich sehe keine Hautfarben, ich sehe nur Menschen.“ Aber ein Merkmal wie race (der Begriff wird im Deutschen leider immer noch oft mit „Rasse“ oder nur mit „Hautfarbe“ übersetzt – beides ist falsch) zu ignorieren, können sich nur jene erlauben, deren Hautfarbe so gut wie nie Thema ist und erst recht kein Problem. Und das trifft nur auf weiße Menschen zu.
Auch ich bin – wenn man allein den Hautton als Merkmal anlegt – eine weiße Frau. Was der übergroß abgebildete Po einer Schwarzen Gebärenden in Schwarzen Frauen auslöst, kann ich nicht beurteilen. Einordnen kann ich es nur aus meiner post-migrantischen, slawischen Perspektive, zu der Rassismus-Erfahrungen trotz meines Weiß-Seins gehören . Ich kann es außerdem aus dem Blickwinkel der Journalistin einordnen, die seit mehr als 20 Jahren für meistens durch und durch weiße Redaktionen arbeitet. Als jemand, der sich intensiv mit Rassismus beschäftigt und mit einem Studium im Rücken, in dem ich Seminare über Bildsprache in medialen Kontexten belegt habe. Vor diesem Hintergrund weiß ich, dass kein Foto einfach so zum Titelbild eines Magazins wird. Cover sollen den größtmöglichen Effekt erzielen und Reichweite schaffen, sie sollen zum Kauf animieren. Ästhetik spielt dabei eine Rolle, genau wie Emotionen, die es zu wecken gilt. Kommt dann noch das hinzu, was man ein Momentum nennt, wird ein Cover ziemlich sicher zum Verkaufserfolg bzw. erzielt hohe Klickzahlen.
Der Moment für das Bild einer Schwarzen Gebärenden hätte kaum besser sein können. Ungefähr zwei Wochen zuvor war ein anderes Bild viral gegangen, das man so bislang nicht gesehen hatte: die anatomische Illustration eines Schwarzen Fötus in einem Schwarzen Mutterleib. Diese Illustration schlug auf Twitter und Instagram ein, wurde in Nachrichtenmedien aufgegriffen, in Zeitungen und auf News-Seiten gezeigt. Nach seiner Motivation gefragt, antwortete der Illustrator – Chidiebere Ibe, ein nigerianischer Medizinstudent –, es gehe ihm bei seinen Illustrationen um Gerechtigkeit. Anatomie-Zeichnungen würden immer nur weiße Menschen zeigen, das habe er ändern wollen.
Auch in medialen Darstellungen sind Schwarze Menschen unterrepräsentiert. Vielleicht wollte die Redaktion des SZ-Magazins gegen dieses Ungleichgewicht anarbeiten und wählte deshalb aus den vielen Motiven von Fotografin Vanessa Mendez, die hauptberuflich Schangerschaften, Entbindungen und Familien fotografiert, eine Schwarze Gebärende für das Cover. Aber was im Fall eines Schwarzen Illustrators ein Akt der Selbstermächtigung ist – „Ich zeige und nutze einen Schwarzen Körper, um die Anliegen meiner Schwarzen Community voranzubringen“ – kann im Fall einer weißen Redaktion zum Akt der Bemächtigung werden: „Wir zeigen und (be-)nutzen einen Schwarzen Körper, um unser Magazin zu verkaufen.“ Das muss nicht absichtlich geschehen, wahrscheinklich geschieht es oft unwissend, weil das Bewusstsein für rassistische Muster und Strukturen fehlt. Wäre beides vorhanden, käme man (hoffentlich) nie auf die Idee, den Po einer Schwarzen Frau so zu zeigen. Denn dann wüsste man, dass es einen Zusammenhang zwischen white gaze und black bodies gibt und dass die Art, wie weiße Menschen auf Schwarze Körper und unter anderem auf den Po Schwarzer Frauen blicken eine lange und verheerende Geschichte hat.
Die am 15. Dezember verstorbene Schwarze Literaturwissenschaftlerin, Autorin und Feministin Bell Hooks hat Teile dieser Geschichte in ihrem Essayband „Black Looks – Race and Representation“ beschrieben. Im Essay „Black Bodies“ thematisiert Bell Hooks unter anderem die Fixierung auf das Gesäß Schwarzer Frauen, die ihren Anfang wahrscheinlich mit Sarah Baartman nahm. Baartman lebte im 19. Jahrhundert und gehörte zum südafrikanischen Volk der Khoikhoi. Wegen ihrer anatomischen Besonderheiten wurde sie 1810 von Weißen nach Europa verschleppt. Auffällig war neben ihren Genitalien vor allem ihr großer Po. Fünf Jahre lang wurde Sarah Baartman gezwungen, ihren Körper nackt und öffentlich zu präsentieren, besonders ihren Po. Das Geld, das die meistens weißen Betrachter*innen fürs Starren bezahlten, bekam nicht die Frau, die all die erniedrigenden Blicke und Kommentare ertragen musste, sondern jene, die sie auf unmenschliche Weise vorführten.
Die Schwarze Sängerin, Tänzerin und Schauspielerin Josephine Baker griff diese Inszenierung später bei ihren Auftritten in Teilen auf. In Bühnenshows lenkte sie die Aufmerksamkeit immer wieder auf ihr Gesäß. Anders als Sarah Baartman verdiente Josephine Baker damit Geld. Für die Strategie, mit dem white gaze Gewinn zu machen, zahlte sie selbst aber auch einen Preis, nämlich in Form von Über-Sexualisierung und Fixierung von Zuschauer*innen und Medien auf Bakers Po.
Andere Schwarze Künstler*innen haben diese Fixierung im 20. Jahrhundert immer wieder aufgegriffen und weiter vorangetrieben. Mit dem booty rap erschufen sie schließlich sogar eine eigene musikalische Disziplin, die sich nur mit diesem einen Thema beschäftigt. Songs wie Sir Mixalots „Baby Got Back“ aus dem Jahr 1992 fallen in diese Kategorie („I like big butts and I cannot lie“), „Ms. Fat Booty“ von Mos Def, „Big Ole Butt“ von LL Cool J und dann natürlich der Soundtrack des als legendär geltenden Gangsta Rap-Dramas „Straight Outta Compton“ (eine ausführlichere Song-Liste – auch mit Titeln aus Pop und Country – findet man zum Beispiel im Artikel „Increasing Women’s Ass-ets“ auf dem Blog PIC: Issues in Pop Culture).
booty rap zeichnet sich vor allem dadurch aus, dass Schwarze Frauen nie als ganze Menschen betrachtet werden, immer geht es vor allem um diesen einen Teil von ihnen. Und so schwingen und twerken in den dazugehörenden Musikclips die Gesäße Schwarzer Frauen in Großaufnahme über den Bildschirm. Künstler*innen wie Beyoncé, Cardi B und Megan Thee Stallion versuchen seit Jahren, ihren männlichen Kollegen die Deutungshoheit über weibliche Schwarze Körper zu entreißen. Sie bezeichnen sich in ihren Songs als Bitches, rappen über ihren eigenen Po, strecken ihn lasziv Kameras entgegen. Man kann das als eine Form von Empowerment betrachten (wie es die Künstlerinnen selbst tun). Aber es bleibt der Eindruck, weibliche Körper – und besonders die Körper Schwarzer Frauen – seien vor allem dazu da, präsentiert, angeschaut und sexualisiert zu werden.
Ich glaube nicht, dass ich dazu neige, die Körper Schwarzer Frauen zu sexualisieren. Und doch hatte oder gerade deshalb hatte ich beim Anblick des SZ-Magazin-Covers booty-Videos und Songs vor Augen. Denn auch hier kam die Strategie zum Einsatz, den Po einer Schwarzen Frau möglichst groß zu zeigen. Das wird klar, wenn man die ursprüngliche Fassung des Bildes sieht (aus rechtlichen Gründen kann ich das Originalbild hier nicht zeigen, sehen kann man es z.B. in der Online-Version des Artikels, die allerdings hinter der Paywall steht – es handelt sich um das fünfte Bild in der Abfolge). Das ursprüngliche Motiv zeigt mehr als der Fotoausschnitt auf dem Cover: Mehr vom Körper der Gebärenden, mehr vom Körper des Menschen, der neben ihr kniet, um das Neugeborene abzustützen. Rechts liegt ein dunkler Schatten über dem Bild. Auch in dieser ursprünglichen Fassung ist der Po der Gebärenden groß zu sehen, aber längst nicht so dominant wie auf dem Cover, für das man das Foto offenbar beschnitten hat. Vielleicht wollte die Redaktion durch diesen Schritt vor allem das Gesicht des Babys näher an Betrachter*innen heranholen. Aber gleichzeitig hat man so eben den Po der Mutter fast bildfüllend inszeniert – ob gewollt oder nicht, spielt im Ergebnis keine Rolle. Was man sieht, ist ein Motiv mit einer langen rassistischen und sexistischen Tradition.
Die Sexualisierung Schwarzer Frauen und die Fixierung auf einzelne Teile ihrer Körper war von Anfang an mit der Herrschaft weißer Männlichkeit verknüpft. Deshalb ist weiße Männlichkeit der Punkt, an dem man ansetzen muss, wenn man die Verbindung aus Rasissmus und Sexismus auflösen will (von der andere women of color ähnlich betroffen sind, auch wenn sich Rassismus und Sexismus teilweise anders zeigen). Weniger weiße männliche Entscheidungsträger werden das Problem auf Dauer aber nicht lösen. Denn: „Wenn wir von ‘weißen Männern‘ sprechen, sprechen wir von einer Institution.“ So formuliert es die britisch-australische Soziologin und Kulturwissenschaftlerin Sara Ahmed im Esssay „White Men“ auf ihrem Blog feministkilljoys.com. Die Schwerpunkte von Ahmeds Arbeit liegen auf feministischer und Queer-Theorie sowie auf Critical Race Theory und Postkolonialismus. Im Kern geht es Sara Ahmed immer wieder darum, wie wir zu unserer Sicht auf die Welt kommen, wie Rassismus und Sexismus unser Denken und Handeln prägen und wer überhaupt gemeint ist, wenn von „wir“ die Rede ist.
„‘Weiße Männer‘ bezieht sich auch auf eine bestimmte Art des Handelns“, schreibt Sara Ahmed in ihrem Essay weiter. Auch weiße Frauen und sogar Schwarze Männer und Frauen können so gesehen weiße Männer sein. Im Grunde kann es jeder Mensch, der das Denken weißer Männlichkeit verinnerlicht hat und entsprechend handelt. Für Sara Ahmed kann die Lösung deshalb nur eine Welt ohne die Institution ‘weißer Mann‘ sein: „Wir müssen aus unserer Erfahrung über die Welt schreiben. Wir: nicht weiße Männer. Ein ’Wir‘ aus etwas zu erschaffen, das nicht existiert, setzt die Bereitschaft zu diesem ‘Wir‘ voraus. Deshalb fordere ich alle, die ‘nicht weiße Männer‘ sind, zum Rebellieren auf. Hört auf, weiße Männer zu zitieren. Bittet sie nicht um Hilfe mit dem Ziel, wie sie zu werden. Versucht nicht, ihnen ähnlich zu sein. Und ich fordere weiße Männer auf: Hört auf, noch mehr weiße Männer hervorzubringen. Hört auf, diese Reproduktion immer weiter fortzusetzen, weil ihr damit in der Vergangenheit erfolgreich wart.“
Bell Hooks beschreibt in „Black Looks“ einen anderen Weg, die Verbindung aus Rassismus und Sexismus aufzulösen. Aber das Ziel ist das gleiche wie bei Sara Ahmed: die Zerstörung der Institution ‘weißer Mann‘ und des white gaze auf weibliche Schwarze Körper. Hooks nennt diesen Weg „the oppositional gaze“. Schwarze Frauen bräuchten eine eigene Perspektive auf ihre Körper, einen black female gaze. Sie müssten lernen, ihre Körper selbst zu lesen und zu schreiben, statt die Perspektive zu übernehmen, die ihnen von weißer Männlichkeit aufgezwungen wurde und wird. Dafür müssten Schwarze Frauen erst einmal erkennen, auf wie vielen Ebenen rassistische und sexistische Narrative in ihren Leben wirken, so Bell Hooks. Und dann sei es nicht mit Widerstand getan, “nur” auf Rassismus und Sexismus zu reagieren, reiche nicht. Man müsse lernen, anders zu sehen, andere Narrative für den eigenen Körper finden, diese Narrative überprüfen, hinterfragen, erfinderisch werden.
Weiße Menschen sind dieser Aufgabe weder gewachsen, noch haben sie das Recht, weibliche Schwarze Körper so zu zeigen und zu erzählen, wie sie als Weiße es richtig und/oder passend finden. In einer besseren Welt hätten sie dazu auch keine Gelegenheit In der mittelguten Welt, in der wir leben, nehmen sich weiße Menschen dieses Recht und nutzen ihre Möglichkeiten, meistens ohne Schwarze Stimmen und Perspektiven einzubeziehen. Solange es dabei bleibt, werden weiße Redaktionen Schwarze Frauenkörper weiter so auf Magazin-Covern abbilden, dass sich die Magazine verkaufen. Der white gaze wird black bodies für eigene Zwecke isnzenieren und instrumentalisieren. Weiße Männer und ihre Statthalter*innen, die überall sitzen, werden darin nichts Falsches erkennen – oft, weil sie es nicht können, und wenn man ehrlich ist, wahrscheinlich auch, weil sie oft gar nicht wollen.